Konflikt ist geil – wenn er richtig moderiert wird!

10.05.2022

Wie durchdachtes Konfliktmanagement im Unternehmen Kosten spart und die Effizienz erheblich steigert

Thema Konflikt – die unternehmerische Herausforderung

„Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte“ – so kennen wir das Sprichwort. Doch was so einfach klingt, ist in Wahrheit eine handfeste unternehmerische Herausforderung. Nicht nur, dass Sie als Führungskraft die schlechte Stimmung im Team managen dürfen – es schlägt auch auf die Effizienz des gesamten Teams.

Führungskräfte verbringen rund zwei Drittel ihrer täglichen Arbeit mit dem Coaching der Mitarbeiter:innen, wovon erwiesenermaßen mehr als 40 Prozent ihrer Arbeitszeit der Konfliktschlichtung im Team geschuldet sind. Das sind bei einer 40-Stunden-Woche allein 16 Stunden.

Überlegen Sie doch einmal, wie viele Akquisitionsgespräche Sie in der Zeit hätten führen können oder Sie hätten sich mit der Ausarbeitung einer neuen Strategie beschäftigen oder an der Digitalisierung Ihres Unternehmens mitwirken können … verrückt, oder?

Kirsten Wache

Kirsten Wache

ist seit über 25 Jahren im Bereich Personal tätig.

Als ausgebildete Trainerin, Coach und Mediatorin fokussiert sie sich auf die Zusammenarbeit mit Führungskräften.

Teams zu stärken, insbesondere in den Bereichen Kommunikation, Teambuilding und Konfliktlösung, ist eines ihrer Hauptanliegen.

Konfliktkosten – können in die Millionen gehen

Unterschwellige Konflikte kosten Nerven bei allen Beteiligten. Ob der Streit um Aufgaben und Verantwortlichkeiten, die Urlaubsregelung unter den Mitarbeitenden, eine Beurteilung, die Beförderung von A und nicht B geht – es gibt unendlich viele Themen und Möglichkeiten, einen Streit heraufzubeschwören. Und ebenso vielfältig sind auch die Befindlichkeiten der Beteiligten. Dass nicht nur Nerven, sondern auch echtes Kapital mit einem Konflikt „verbrannt“ wird, mag man gerne übersehen, doch es ist beachtlich:

In einer Studie von KPMG in Zusammenarbeit mit der Akademie Lichtenauer, ACP Consulting und der Unternehmerschaft Düsseldorf aus dem Jahr 2012 „Best Practice Konfliktmanagement 2012“ sind die noch heute gültigen Beispiele von Konflikten und ihre finanziellen Auswirkungen für Unternehmen sehr einfach und präzise beschrieben. Da findet man Kosten, die durch Fluktuation, Krankheits- und Fehltage, kontraproduktives Verhalten, Mängel bei der Projektarbeit, entgangene Aufträge bis hin zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen, verursacht werden. Je nach Gehalt der handelnden Personen und der Eskalationsstufe des Konfliktes kommen schnell mehrere Zehntausend Euro bis Millionenbeträge zusammen. Wer hätte das gedacht!

Folgekosten erst gar nicht entstehen lassen

Mit dem Instrument der Mediation haben Sie als Führungskraft oder Unternehmer:in die realistische Chance, die Folgekosten eines Konfliktes gar nicht erst entstehen zu lassen! Die Mediation ist im Kern eine Verhandlung – nur mit dem wesentlichen Unterschied, dass sie von einer geschulten Person, dem Mediator/der Mediatorin, begleitet wird und der Ablauf zudem einer klaren Struktur folgt.

Dabei gelten folgende Grundsätze: Eine Mediation ist hoch erfolgreich (mindestens 80 Prozent aller Mediationen lösen den Konflikt und führen zu einer Win-win-Situation aller Beteiligten), sie ist schnell (meist sind einige Stunden, maximal ein Tag ausreichend) und vertraulich – es gibt kein Publikum. Oder für mich als Norddeutsche: eine Mediation folgt den Regeln von HSV.

Nun, Sie fragen sich sicher, wie hier die Kostenstruktur aussieht. Das hängt von der Komplexität des Falles und der Berufserfahrung des Mediators ab. Als Faustregel kann man sich merken: Übersteigt der Streitwert die 10.000 Euro Marke, dann lohnt sich auf jeden Fall eine Mediation! Und vertrauen Sie Ihrem Netzwerk, um den passenden Partner zu finden. Der- oder diejenige sollte mindestens fachlich ausgebildet sein und auf jeden Fall Berufspraxis mitbringen.

„Nicht nur für Norddeutsche: Eine Mediation folgt den Regeln von HSV.“

Was genau passiert in einer Mediation?

In einem gesetzten Rahmen wird der Mediator/die Mediatorin die beiden Konfliktparteien wieder in Verbindung bringen. Wozu ist das gut? Bei einem Konflikt handelt es sich nie nur um die Sachebene, auf der man sich streitet – auch wenn viele gerne immer wieder betonen: „Lass uns doch sachlich bleiben!“. Dies wird nicht gelingen, denn ein Konflikt, nahezu unabhängig von der Eskalationsstufe, hat IMMER eine emotionale Komponente.

Ich skizziere gerne folgendes Bild: Stellen Sie sich zwei Eisschollen vor, die mit einer Brücke verbunden sind. Dabei ist die Brücke die Beziehungsebene. Bei einem Konflikt ist diese Brücke zerstört und der Mediator/die Mediatorin arbeitet durch gezielte Technik daran, sie wieder zu reparieren. Nur wenn die Beziehungsebene wiederhergestellt ist, also die eigentlichen (verborgenen) Interessen erkannt sind, werden die Parteien bereit sein, in den Austausch zu gehen und auf Basis der „reparierten“ Beziehungsebene eine gute Lösung für BEIDE Seiten zu erarbeiten!

Die Pluspunkte der Mediation sind deutlich: Anstelle eines durch die Führungskraft angeordneten Kompromisses haben die Parteien GEMEINSAM eine für beide Seiten vorteilhafte Lösung erarbeitet. Zum Abschluss einer Mediation wird das Ergebnis schriftlich festgehalten und die nächsten Schritte mit den entsprechenden Verantwortlichen fixiert. Es ist ein emotional intensiver, doch sehr bereichernder Prozess. Die Parteien können im Nachgang zur Mediation wieder miteinander reden und arbeiten – der Konflikt ist gelöst und wurde nicht per Anweisung „unter den Teppich gekehrt“!

Mediation

Was nehmen Sie mit für Ihren Unternehmensalltag?

Wenn Sie in Ihrem Team einen Konflikt bemerken, seien Sie mutig und sprechen ihn an. Bestenfalls gelingt es Ihnen selbst, die Parteien zu einer Lösung zu motivieren, von der beide profitieren. Sollte dies nicht der Fall sein, wissen Sie jetzt, dass es noch mindestens eine weiterführende Möglichkeit gibt, Folgekosten eines weiterhin existierenden Konfliktes zu vermeiden: das Instrument der Mediation. HSV: hoch erfolgreich, schnell und vertraulich ist es ein sehr effizientes und effektives Verfahren, um den Konflikt zu lösen

Zur Vorbeugung: Teamhygiene durch Supervision

Um kontinuierlich eine sogenannte „Teamhygiene“ herzustellen, gibt es mehr und mehr Unternehmen aus der Wirtschaft, die das Tool der Supervision nutzen. Ursprünglich bekannt aus den heiltherapeutischen, medizinischen und psychologischen Berufen, hat man auch in der Wirtschaft erkannt, wie sinnvoll es ist, dem Team zum Beispiel einmal im Monat oder im Quartal die Gelegenheit zur Supervision zu geben. Hier werden unterschwellige Konflikte offengelegt, daran gearbeitet und nach Lösungsvorschlägen gesucht. Der Prozess wird geleitet und moderiert vom Supervisor/von der Supervisorin – geringer zeitlicher und finanzieller Aufwand mit großer Wirkung!

Darüber hinaus gibt es bereits viele Unternehmen in Deutschland, die ein Konfliktmanagement eingeführt haben und u.a. das Instrument der Mediation in jeglichen Verträgen fest verankert haben. Viele Länder Europas, die USA und auch Asien können uns als Vorbild dienen. Hier ist Mediation und der damit verbundene Grundgedanke, Konflikte durch Verhandlungs- und Vermittlungsstrategien beizulegen, schon seit vielen Jahren fest verankert und Teil der Lebensphilosophie.

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auf den punkt. April| 2022

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